Was ist Rollenspiel?
Leyla (Spielleiterin): “Stellt euch vor, ihr seid eben durch das Tor einer mittelalterlich anmutenden Stadt getreten. Ein leerer Karren rumpelt an euch vorbei. Die Giebel alter Häuser lehnen sich über verwinkelte Gassen. Die Häscher der Gräfin habt ihr auf der Straße hinter euch gelassen, aber weit können sie nicht sein. Sucht ihr Schutz in einem Tempel oder taucht ihr im geschäftigen Markttreiben unter? Wendet ihr euch an einen Bekannten oder sprecht ihr beim Stadtrat vor, der mit der Gräfin im Streit liegt? Gerüchten zufolge soll es hier auch eine Diebesgilde geben.”
Jonas (Spieler): “Zu meinem Bekannten könnten wir gehen, aber ich bin nicht sicher, ob wir ihm trauen sollten.”
Cem (Spieler): “Hm. Mit ein bisschen Vorbereitung und den richtigen Zutaten könnte ich auch einen Zauber sprechen, der uns verbirgt.”
Hannah (Spielerin): “Ähm, du erinnerst dich aber schon, was beim letzten Mal passiert ist, als du das versucht hast? Also ich bin dafür, wir verhalten uns einfach unauffällig. Wer kommt mit in die Taverne, was trinken?”
Wenn beim Lesen dieser kurzen Szene vage Bilder vor Ihrem inneren Auge vorbeigezogen sind, Sie sich die beschriebene Stadt vorgestellt und vielleicht überlegt haben, zu welchem Weg Sie der kleinen Gruppe raten würden, dann haben Sie selbst ein bisschen in dieser fiktiven Rollenspielrunde mitgespielt.
Sich eine Spielwelt vorzustellen, sei sie nun frei erfunden, an die Realität angelehnt oder ihr unmittelbar entnommen, handele es sich um ein fernes Planetensystem, einen längst vergessenen Landstrich, das Paris der 1920er Jahre, macht einen Teil der Faszination am Rollenspiel aus. Zudem erfreuen sich natürlich bereits bestehende Schöpfungen wie Tolkiens Mittelerde oder das Universum von Star Wars großer Beliebtheit.
Vom Tagtraum oder den Vorstellungswelten, in die Bücher und Filme einladen, unterscheidet sich das Rollenspiel durch seine Interaktivität. Wer Rollenspiel spielt, schlüpft in die Rolle einer Figur in der vorgestellten Welt und trifft Entscheidungen. Ob die Figuren der Spielenden dabei aneinander geraten oder an einem Strang ziehen: Was zwischen ihnen passiert ist oft nicht weniger spannend als die diversen Herausforderungen einer dynamischen Spielwelt. Für die ist üblicherweise eine Spielleitung zuständig, die die Szenerie beschreibt, Aufgaben und Rätsel stellt oder Nebenfiguren auftreten lässt.
Die einfachste Form des Rollenspiels ist ein Gespräch ähnlich dem Beispiel oben. Dazu kommen fast immer Spielregeln, die mal mehr, mal weniger kompliziert und umfangreich ausfallen. Vom vollständigen Rollenspiel in nur 200 Wörtern bis zum dicken Regelbuch ist alles dabei. Würfel gehören als willkommener Zufallsfaktor fast immer dazu. Bestimmte Regeln wie Lebenspunkte oder Level haben durch Computerrollenspiele weithin Bekanntheit erlangt.
Streams & Podcasts
Einige Rollenspielgruppen zeichnen ihre Spielrunden auf und veröffentlichen sie in Form von Podcasts oder Videos. Sogar Rollenspiel-Livestreams haben sich etabliert. Wer das Ganze also live erleben will ohne sich gleich in eine eigene Runde zu stürzen, findet entsprechende Aufzeichnungen zum Beispiel auf den YouTube-Kanälen von Orkenspalter TV oder Orkig im Geschmack.